,,Der zweite Anzug hat gepasst“

Oberliga Baden-Württemberg Herren

Felix Heuberger, der sportliche Leiter des TuS Schutterwald, zieht auch positive Schlüsse aus einer schwierigen Saison, die mit dem Abstieg aus der Oberliga enden wird. Am Samstag letztes Heimspiel gegen den TSV Heiningen.

Der TuS Schutterwald steht seit Samstag nach einer außergewöhnlichen Saison als Absteiger aus der Handball-Oberliga fest. Monatelange Ausfälle nahezu einer kompletten Stammbesetzung, dazu viele Corona-Fälle und ein Trainerwechsel Mitte März sorgten immer wieder für neue Konstellationen. Im Interview spricht der sportliche Leiter, Felix Heuberger, über die schwierige Saison, die am Samstag (20 Uhr) mit dem Heimspiel gegen den TSV Heiningen zu Ende geht.

Ein starkes letztes Saisondrittel ist nicht mehr belohnt worden: Wie groß ist die Enttäuschung?

Natürlich sehr groß. Wir haben uns die Situation erarbeitet, es noch mal selbst beeinflussen zu können, der Klassenerhalt war zum Greifen nahe. Die Grundlage ist auf jeden Fall das taktische Grundgerüst und Spielsystem, das Nico Baumann eingeführt hat. Dazu kamen dann die frischen Impulse von dem neuen Trainerduo, was in Summe zu dem guten Lauf geführt hat.

Zum Zeitpunkt des Trainerwechsels hatten sie 11:27 Punkte, der Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz betrug bereits sechs Punkte. Hätten Sie im Nachhinein früher reagieren sollen?

Das sind alles nur Spekulationen, an denen ich mich nicht beteiligen möchte. Mit dem seinerzeit anstehenden Ende der Jugendsaison hat sich die Option Fabian Huck, der B-Jugend-Trainer war, ergeben und im weiteren Verlauf eine Kombination mit Manfred Derr. Es sollte eine interne Lösung sein, die auch zur neuen Saison passt.

Wie schwer ist Ihnen der Schritt gefallen?

So ein Schritt ist nicht einfach und hängt von vielen Faktoren ab, nicht nur von der kurzfristigen sportlichen Leistung zu dem jeweiligen Zeitpunkt. In meiner Funktion als sportlicher Leiter trage ich die volle Verantwortung für die sportliche Belange im Seniorenbereich des TuS. Dazu gehört die sportliche Ausrichtung und unter anderem auch, Entscheidungen zu treffen wie einen Trainerwechsel. Zu Themen mit so einer Tragweite gibt es Absprachen mit den beiden Vorständen, und wir treffen die Entscheidung gemeinsam. Daran werden wir gemessen, weshalb ich für den Abstieg in die Südbadenliga die volle Verantwortung übernehme.

29 Spieler wurden im Saisonverlauf eingesetzt: Wie schwer war es, die Saison mit den vielen Ausfällen zu moderieren?

Eine unglaubliche Zahl, und wir haben ja noch einen Spieltag vor uns. Die Fans dürfen gespannt sein, wen wir beim letzten Heimspiel am Samstag noch aus dem Hut zaubern. Ich habe bereits mehrfach von einer ,,Seuchensaison“ gesprochen. Allein die Anzahl an Langzeitverletzten reicht für eine ganze Mannschaft. Corona hat uns ebenfalls sehr stark getroffen, aber davon ist kaum jemand verschont geblieben. Dazu kamen noch zwei unerwartete Abgänge, die wir aber relativ schnell kompensieren konnten. Die Situation war sicherlich für alle nicht einfach, und aufgrund der vielen neuen Konstellationen mussten gewisse Abläufe und Routinen von beiden Trainergespannen gleichermaßen neu erarbeitet werden. So waren wir aber auch weniger ausrechenbar für den Gegner. Es hat sich bewährt, dass wir vor drei Jahren ein einheitliches Spielsystem für Herren I, II und A-Jugend eingeführt haben. Die Grundlagen sind identisch, und Spielzüge werden gleich gespielt, dies sorgt für eine bessere Durchlässigkeit und macht es den Jungs einfacher, sich in einer neuen Mannschaft zu integrieren. Dies werden wir mit dem neuen Trainer-Duo Markus Lais/Manfred Derr aktualisieren und weiterführen.

Die große Ausfallliste bot auch die Möglichkeit, sich zu zeigen.

Die Kaderplanung war von Woche zu Woche eine große Herausforderung, wobei es sich ausgezahlt hat, dass wir einen starken Unterbau und eine großartige Jugendarbeit leisten. Insgesamt elf Spieler haben diese Saison auch in der zweiten Mannschaft gespielt bzw. sind mit unserer Landesligamannschaft in die Saison gestartet. Die Jungs haben direkt ihre Bereitschaft erklärt, top Leistungen erzielt und einen großen Entwicklungsschritt genommen. Ein großes Dankeschön geht da auch an die beiden Trainer der zweiten Mannschaft, Simon Herrmann und Yannik Bindner. Diese Misere ist stark zu Ungunsten der Landesligamannschaft ausgefallen, weil regelmäßig Leistungsträger in die erste Mannschaft berufen wurden. Dafür sind wir aber eine TuS-Familie, und die hat auch in der prekären Situation geholfen.

Waren Sie am Ende von dem ein oder anderen der jungen Akteure überrascht?

Kevin Heuberger und Florian Fahner, die bereits fest im Kader waren, haben eine überaus positive Entwicklung genommen. Von den ,,Nachrückern“ hat Patrick Wegner sicherlich die meiste Spielzeit erhalten und konnte überzeugen. Im Verbund mit der Abwehr und Raphael Herrmann als Torwart-Duo hat er das sehr gut gelöst. Bei Morris Strosack hat man gemerkt, dass er aufgrund von viel Spielzeit und Verantwortung in der zweiten Mannschaft eine super Entwicklung genommen hat. An diese Leistungen konnte er auch in der BWOL anknüpfen und hat starke Spiele absolviert. Kai Oehler und Hannes Doll haben ihre Rollen in der Abwehr exzellent ausgefüllt und sich super integriert. Es hat sich gezeigt, dass der zweite, der jugendliche Anzug gepasst hat. TuS-Eigengewächse, die keiner so richtig auf dem Plan gehabt hat, haben in den letzten Spielen wirklich tolle Leistungen abgeliefert. Unterm Strich war es trotz des Abstiegs für alle eine Bereicherung. Wir sehen die jungen Spieler integriert, wir haben eine tolle Stimmung in der Mannschaft. Wir möchten diese Entwicklung fortführen.

Es gibt Stimmen im Umfeld, die sagen, dass die Südbadenliga für den neuen Trainer Markus Lais und die jungen Spieler die bessere Liga sei. Sehen Sie das auch so?

Die BWOL wird nächste Saison aufgrund einer Vielzahl an Absteigern aus der 3. Liga extrem stark. Dadurch kommen größere Etats und eine höhere handballerische Qualität in die Liga. Sicherleich kein einfaches Unterfangen. Um auf die Frage zurückzukommen: Ich sehe dies anders. Unser Ziel war und ist es, uns in der BWOL zu etablieren. Auch wenn wir dieses Ziel diese Saison leider verfehlt haben, hat die Mannschaft das Potenzial bewiesen, es erreichen zu können. Die letzten Spiele haben gezeigt, dass viel mehr geht und wir attraktiven Handball spielen können. Darüber hinaus müssen wir uns auch im Vereinsmanagement besser aufstellen, um den Anforderungen gerecht zu werden.

Sie haben im Dezember die Personalplanungen für abgeschlossen erklärt. Wird sich nach dem Abstieg daran noch was ändern?

Nein. Spieler, die jetzt noch auf dem Markt sind, passen in den seltensten Fällen in unser Anforderungsprofil. Wir haben einen Umbruch eingeleitet, die Altersstruktur wird sich deutlich verjüngen. Mit Christoph Baumann, Felix Zipf (beide zurück zum HTV Meißenheim) und Bastian Oesterle (HBW Balingen-Weilsteten II) verlassen uns drei Spieler. Leon Sieck (TV Willstätt) wird uns kommende Saison verstärken. Dazu werden wir mit dem starken A-Jugend-Jahrgang und aus dem bestehenden Spielerpool die Kader der drei Seniorenteams zusammenstellen.

Wird der sofortige Wiederaufstieg das Ziel sein?

In der Vergangenheit haben wir zehnmal den zweiten Platz in der Südbadenliga belegt. Wir wissen also, welch schwere Aufgabe auf uns zukommt. Die neue Aufgabe gehen wir mit Demut und Respekt an. Wir werden uns mit dem neuen Trainerteam und den Spielern zusammensetzen und dann das kurzfristige Ziel für die Saison 2022/2023 definieren.

 

Quelle: handball.bo.de
Autor: Michaela Quarti