Martin Heuberger: Jeder hat seinen Anteil am U19-EM-Titel

Gerade als sich Martin Heuberger am Montagabend noch mal das EM-Finale auf Video anschauen wollte, füllte sich das Haus in Schutterwald mit Familie und Freunden. Da war auch Heuberger klar: Das wird nichts mehr mit dem Video.

Stattdessen war ein Grillfest zum Empfang des Mannes angesagt, der am Sonntag zum fünften Mal (!) eine Auswahl des Deutschen Handball-Bundes zu einem Titelgewinn geführt hatte. 2009 und 2011 war er mit den Junioren Weltmeister geworden, 2004 und 2006 Europameister. Mit dem Jahrgang 2002/03 wurde er nun durch einen 34:20-Erfolg gegen Kroatien erneut Europameister.

Wie wichtig ist Ihnen dieser Titel?
Klar freue ich mich, aber für mich ist er nicht so wichtig, es geht um die Nachwuchsförderung. Stolz können neben den Spielern, vor allem deren Vereine, der Deutsche Handball-Bund und die Leistungszentren der Bundesligisten sein. Da hat jeder seinen Teil dazu beigetragen und bestätigt die gute Nachwuchsarbeit. Auch innerhalb unseres Teams hat jeder funktioniert und seinen Teil dazu beigetragen; ob es die Physios, die Ärztin oder der Teambetreuer waren.

Die Vorbereitung auf diese EM war ungewöhnlich!
Eigentlich wäre im Sommer für diesen Jahrgang coronabedingt keine internationale Meisterschaft gewesen. Deshalb hatten wir intern entschieden, dass Klaus-Dieter Petersen und ich die Mannschaft früher übernehmen, zumal der eigentliche U19-Trainer Erik Wudtke Co-Trainer von Alfred Gislason bei Olympia war. Wir hatten zwei, drei Maßnahmen angedacht, um uns kennenzulernen. Doch zwei Wochen nach der Entscheidung wurde plötzlich noch diese EM angesetzt. Ich habe mich dann intensiv damit beschäftigt, mir vor allem die Spiele um die Jugend-DM angeschaut. Aus einem Kader von 36 Spielern haben wir am Ende 16 nominiert.

Sie hatten im Vorfeld Absagen, dazu drei verletzungsbedingte Ausfälle, während des Turniers sind mit Fynn Nicolaus und Niclas Heitkamp zwei absolute Leistungsträger schwer verletzt ausgefallen. Sie wurden trotzdem Europameister. Was sagt uns das?
Mit jeder Verletzung ist die Mannschaft enger zusammengerückt. Da griff ein Rädchen ins andere, da sind immer wieder Spieler in die Bresche gesprungen. Auch im Tor hatten wir mit David Späth und Lasse Ludwig zwei Akteure, die sich super ergänzt haben. Dieser Erfolg sagt uns aber auch, dass wir eine gute Breite haben. Die Vereine machen in der Grundausbildung einen wirklich guten Job.

Wo hapert es noch?
Athletisch haben sich die Jungs super entwickelt. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir mit David Groeger mittlerweile einen hauptamtlichen Athletikcoach haben. Was in meinen Augen noch ein bisschen zu kurz kommt, ist das individuelle Training, da sind einige Spieler anderer Nationen besser.

Jetzt geht es um die Anschlussförderung …
Entscheidend ist nun, dass die Jungs auf der Platte stehen, wenn Spiele entschieden werden. Die Weiterentwicklung geht primär über qualifiziertes Training und vor allem auch über Einsatzzeiten, und da können wir besser werden. Das muss nicht in der 1. Liga sein, 2. Liga geht auch. 3. Liga wird schon wieder schwierig, weil es auch um die Trainingsintensität geht und darum, dass man auch im Training voll gefordert wird. Ich habe die Hoffnung, dass durch Corona ein Umdenken einsetzt und der eingeschlagene Weg, auch auf deutsche Talente zu setzen, weiter konsequent verfolgt wird. Auch wenn es vielfach wohl nur aus monetären Gründen passiert. Oft ist es so, dass Spieler anderer Nationen mit 18, 19 Jahren in den Topligen ihrer Länder spielen und zwei, drei Jahre später in der Bundesliga auftauchen – in der Zwischenzeit haben sie unsere Talente überholt.

Zurück zur aktuellen Mannschaft. Sie beeindruckte mit einer überragenden Abwehr. Ist das die Handschrift der ehemaligen Abwehr-Strategen Martin Heuberger und Klaus-Dieter Petersen?
Wir haben mehr Angriffstraining gemacht, weil es notwendiger war, bestimmte Angriffsabläufe immer wieder zu üben und zu verfestigen. In der Abwehr geht auch viel mit Emotionen, viel mit der Bereitschaft zu kämpfen. Aber die Jungs haben auch gelacht, als wir ihn erzählt haben, dass wir beide Zeitstrafen-Könige waren

2023 wird die Junioren-WM im eigenen Land sein. Werden wir diese Jungs da wieder sehen?
Wir haben eine gute Grundlage gelegt und sind in der Breite gut aufgestellt. Entscheidend werden die Entwicklungsschritte der Jungs in den nächsten Monaten sein. Wie viele von der EM-Mannschaft dann noch dabei sein werden, weiß ich nicht. Es gab schon Jahrgänge, da wurde die halbe Mannschaft ausgetauscht. Das werden wir intensiv beobachten und uns regelmäßig mit den Vereinen austauschen.

 

Zitate

„Dickes Kompliment an das gesamte Team für die souveräne Leistung! Chapeau Martin, denn viele reden nur, doch Du lieferst!“
Bernhard Bauer, Ex-Präsident des Deutschen Handball-Bundes, via Facebook.

„Dieser Posten passt zu 1000 Prozent auf Martin, er geht richtig in dieser Aufgabe auf, die sein perfektes Jobprofil ist.“
Axel Kromer, Sportvorstand des DHB.

„Nachwuchsarbeit liegt ihm. Da hat er ein glückliches Händchen.“
Armin Emrich, Trainerlegende des TuS Schutterwald.

 

Quelle: handball-server.de
Autor & Bild: ©Michaela Quarti
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